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Urlaub mit den Schlümpfen

Die Schlümpfe begleiten uns jeden Abend zum Essen. Wir sind das nicht gewohnt, aber schon am zweiten Tag haben wir die kleinen Gestalten mit den sehr hohen Stimmen irgendwie ins Herz geschlossen. Das Kinderhotel am Oberjoch in Bad Hindelang im Allgäu macht ständig einen Spagat. Es soll ein Paradies sein für Kinder. Also Eismaschine, Pommes, längste Wasserrutsche, Spielplätze, Hüpfpilz, Kartbahn und Schlumpfmusik. Und ein Erholungsort für Eltern. Der so ziemlich von all dem das Gegenteil braucht: Sauna, Whirlpool, Wolfsbarsch und Stille. Wenn jemand einen Spagat versucht, dann kann das in einem hoffnungslosen Desaster enden. Schlimmstenfalls wird man beiden Parteien nicht gerecht. Aber es kann auch ein harmonisches Kunststück dabei herauskommen. Das Kinderhotel schafft Letzteres.

 

Das Essen ist ein gutes Beispiel. Die Kinder wollen Pommes und Spaghetti. Frittiertes Huhn. Schokoladeneis. Die Eltern wollen Wolfsbarsch und Prinzessbohnen im Speckmantel. Im Kinderhotel gibt es beides selbstverständlich nebeneinander. Eine Eismaschine mit Smarties und Gummibärchen zum Verzieren. Aber eben auch Crème brulée. Eine umfangreiche Weinkarte. Apropos, die Kinder wollen: Viel trinken. Die Frage: „Darf ich noch eins?“ können Eltern getrost mit einem großzügigen "Klar" beantworten. Die Limonade fließt schließlich zum Selbstzapfen aus etlichen Brunnen. Schlaraffenland, Oase. Und die Kinder können so viel trinken als wären sie ein Kamel und hätten eine sechswöchige Wüstentour vor der Brust.

 

Eine Wüstentour schließt sich am kommenden Morgen freilich nicht an. Schließlich reisen wir im Winter an. Es ist Februar, der Schnee liegt hoch wie bei Schneeweißchen und Rosenrot und wir müssen Handschuhe nachkaufen, weil wir die vergessen haben und die Temperaturen für zarte Kinderhände zu niedrig sind. Etwas vergessen ist im Kinderhotel Oberjoch übrigens kein Problem. Eigentlich ist alles da. Ein Snowboard? Gibt's im hoteleigenen Skiverleih. Ein Kinderwagen? Bei den Betreuern für U3. Ein Fläschchenwärmer? An der Rezeption. Babybrei? Natürlich am Büffet und zwar in allen Sorten und rauen Mengen. Eine Zahnbürste? Fragen Sie die nette Frau am Empfang. Ein Fußsack für die kalten Kinderfüße? Ist selbstverständlich vorrätig für alle Gäste. Ebenso wie Windeln und Feuchttücher. Wir machen uns einen Spaß und fragen alles ab. Nur bei der Skihose in Größe 142 müssen die Mitarbeiter passen. Macht aber nichts. Im Intersport ein paar Meter den Pass ins Dorf hinunter gibt's auch die.

 

Die großen Kinder wollen Snowboardfahren lernen. Ebenso der Mann. Das Baby und ich fahren derweil um die tiefverschneiten Hütten Kinderwagen-Schlitten. Nach zwei Stunden gesellen wir uns wieder zu den Snowboardfahrern. Jetzt könnte es ja etwas zu sehen geben. Und tatsächlich. Unter Aprés-Ski-Musik (Ich weiß nun endlich, wie die Mutter von Nici Lauda heißt) machen die drei schon ihre ersten Bögen.

Am Hotel zurück geht es weiter im Spagat. Das Hotel hat nämlich auch Indoor-Freizeit in jede Richtung. Was die Kinder wollen? Kartbahn! Und "die längste Hotel-Wasserrutsche Deutschlands" wurde schon vor der Reise sehnlichst erwartet. Was die Eltern wollen? Bundesliga per Sky gucken. Whirlpool und Sauna. Gibt's alles. Den Winzling versuchen wir zu diesem Zweck bei den sehr netten Betreuerinnen U3 abzugeben. Ich muss ausfüllen, wann er was essen soll, wie er beruhigt werden kann, wann er schlafen soll, wer ihn abholen darf, nach wie vielen Minuten Ungemach man mich auf dem Handy anrufen soll. Als wir gehen, ist der Unmut groß. Aber der Achtjährige sagt mit Bedauern, aber voller Vorfreude: "Wir müssen leider gehen. Wir müssen nämlich in den Whirlpool." Einmal tauche ich nach draußen, den Kopf im dampfenden Wasser, umgeben vom glitzernden Schnee, oben zeichnen schon die Sterne eine Vorankündigung der klaren Nacht in den Himmel. Es ist herrlich. Nach zehn Minuten erlöse ich unser Baby. Es darf mit in den Whirlpool, die Luft aus den Düsen blubbert es fast in den Schlaf.

Unser Fazit: Das Kinderhotel ist viel besser als wir erwartet haben. Pauschalreisen sind nicht so unser Ding und all inclusive weckt in unseren Ohren immer den Beigeschmack Massenabfertigung. Das Kinderhotel Oberjoch hat uns trotzdem völlig überzeugt. Der Spagat zwischen tobenden Kindern und anspruchsvollen Erwachsenen gelingt so elegant, dass wirklich alle entspannen können und Spaß haben. Der Preis ist natürlich entsprechend. Da muss einem ein Wochenende im Schnee schon so viel Wert sein wie eine Woche Sommerurlaub per Flugzeug. Da kann man auf die Kinderfrage: "Fahren wir nächstes Wochenende wieder ins Kinderhotel?" nicht ganz so großzügig antworten. Aber immerhin hat es sowohl der 13-Jährigen, als auch dem Achtjährigen und knapp Einjährigen gefallen. Der ist jetzt stolzer Besitzer von Murmel, dem Kinderhotel-Maskottchen. Und wir erinnern uns immer noch gern an den klaren Winterhimmel über dem Außenpool und das sehr geräumige Appartement mit Kuschelecke und riesigem Balkon und zwei Bädern und Sky-Abo. Und, und, und. Die Konjunktion in ihrer additiven Verwendung ist übrigens ein schönes Wort für dieses Hotel. Das Angebot scheint hier quasi nie zu Ende zu sein. Es kann immer noch etwas kommen: Und.

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