Südtirol, Ratschings

Wandern mit Kindern

Wurzeln ragen aus dem Waldboden, der Weg holpert uneben um die Kurven, plötzlich muss ein kleiner Fels überklettert werden, links fällt die Wiese relativ steil ins Tal. Ein Wanderweg in den Südtiroler Alpen ist nicht gerade ein Kinderspielplatz. Besorgte Eltern sind dennoch völlig fehl am Platz, meint Wanderführerin Eva Mayr. Die 46-Jährige ist hier geboren, sie kennt jeden Gipfel und begeistert auch gerne Familien mit Kindern von der Schönheit der Berge rund ums Ratschingstal in den Stubaier Alpen. "Kinder knicken erstmal nicht um. Kinder stürzen nicht", sagt Mayr. Zumindest geschehe das selten und Eltern würden es durch übertriebene Ängstlichkeiten verschlimmern. "Da wird das Kind dann gehalten, die Mutter schreit, das verunsichert Kinder sehr." Sie plädiert dafür, Kinder früher das Wandern zuzutrauen. Denn eigentlich seien auch schon Dreijährige darin sehr geschickt. Auch vor einer zu großen Belastung müssten Eltern sich nicht sorgen. "Ein Kind hat eine klare innere Grenze. Sie können sich darauf verlassen: Es streikt, bevor Sie zu Tode treiben." 

 

Faustregel für Wegstrecken

Auch eine Familie mit Kindern ab vier Jahren kann laut Mayr schon fünf bis sechs Stunden am Tag unterwegs sein. Dabei rät die Wanderführerin zu einer Überwindung von rund 300 Höhenmetern. "Das kann man jedem Kind zutrauen." Ab acht Jahren schaffen Kinder auch mal 1000 Höhenmeter am Tag. Dabei sollten Eltern bedenken, dass ihr Nachwuchs ihnen ab diesem Alter körperlich sogar überlegen sei: "Kinder haben eigentlich mehr Kondition als Erwachsene, dabei aber ein niedrigeres Körpergewicht." Wenn die Motivation mal nachlässt? Gilt es, das Kind zu überlisten: "Sammeln Sie steine, Tannenzapfen. Spielen Sie verstecken! Dann vergisst das Kind, dass es wandert", sagt Sandra Sparber, die als Fitnesstrainerin und Aufgussmeisterin im Alphotel Tyrol arbeitet und Mayr bei manchen ihren Touren begleitet.

 

Lieblingsziele

Eine Tour hoch zum Zinselerjoch. Über das Penserjoch geht es hoch zum Zinseler Gipfel. "Das ist eine kleine Gipfeltour ohne großen Aufwand", sagt Sparber. Von oben habe man eine atemberaubende Aussicht. Aber auch das Sarner Weißhorn oder das Becherhaus über dem Übeltalferner auf dem Gipfel des Becher sei eine Zweitagestour wert. Von Rindnaun aus läuft man etwa sieben Stunden, oben kann man übernachten. "Ich kann mich gar nicht entscheiden, welche Tipps ich geben soll. Hier kann man hundert Tage bleiben und jeden Tag einen neuen Gipfel erklimmen, so viele schöne gibt es", sagt Mayr. 


Die Wanderführerin Eva Mayr und ihre Kollegin Sandra Sparber haben selbst Kinder und wissen: Ab einem gewissen Alter sind sie den Eltern körperlich sogar überlegen und müssen beim Wandern nicht geschont werden. Auf dem Rosskopf (2. v. l.) hat man herrlichen Ausblick in das Ratschingstal und das Rindnauntal. Im Tal furcht sich die Gilfenklamm in den weichen Marmor. Und nach den Anstrengungen kann man sich im Familienhotel Alphotel Tyrol in der Sauna oder im Pool entspannen.

Anreise

Wer nicht das Glück hat, ganz im Süden Deutschlands zu wohnen, sollte für die Anreise ein bisschen kreativ werden. Sonst drohen stundenlange Fahrten im Stau. Wir haben von Köln nach München einen ICE gebucht (vier Stunden und 20 Minuten, mit Bahncard 25 kostete das für uns alle fünf hin und zurück inklusive Familienreservierung 356 Euro). Vom Münchner Hauptbahnhof aus haben wir dann über check24 einen Mietwagen gebucht. Ein VW Passat Kombi kostet pro Tag ohne Selbstbeteiligung und ohne Kilometerbeschränkung gut 40 Euro. Um die Sache noch entspannter zu gestalten, haben wir auf der Hinreise dann über Airbnb sogar noch in Reit im Winkl eine Zwischenübernachtung eingelegt (100 Euro für alle fünf). Wir waren also am ersten Tag viereinhalb Stunden im Zug, dann nochmal eineinhalb Stunden etwa im Auto. Am nächsten Tag waren es dann nochmal knapp 170 Kilometer bis Ratschings in Südtirol. Rückwärts fuhren wir ohne Übernachtung erst nach München, dann nahmen wir gegen fünf den Zug zurück nach Köln. So war es für uns und die Kinder ziemlich entspannt.

 

Übernachtung

Das Alphotel Tyrol erwies sich als super Gastgeber. Unser Zimmer bestand aus einem sehr großzügigen Wohn- und Schlafzimmer mit Sitzecke und Fernseher und einem etwas kleineren Kinderzimmer mit sehr süßen Stockbetten und einer Couch, ebenfalls mit Fernseher. Das Badezimmer war sehr geräumig, die Toilette nochmal mit einer Tür abgetrennt. Außerdem gab es ein kleines Ankleidezimmer, in dem auch die Badesachen, Rucksäcke und Jacken Platz fanden. Vom Balkon aus hatten wir einen tollen Blick auf die Gipfel. Das Essen war sehr lecker. Mittags gab es Buffet mit regionalen Speisen und Salat und Nachtisch und Kuchen, abends ein Menü (Auswahl zwischen normal, vegetarisch, Fisch und Fitness, oder vor allem für die Kinder à la card). Alles war toll und reichlich, uns hätte auch da Südtiroler Hausmannskost auch ausgereicht. Das Hotel verfügt außerdem über ein schönes und großzügiges Wellnessangebot: Innenpool, Außenpool (als Besonderheit: Es ist chlorfrei und deshalb besonders hautfreundlich gerade zur zarten Kinderhaut), Saunalandschaft, Tauchbecken im Garten, Ruheraum. Seit Dezember 2018 hat das Alphotel noch ein besonderes Upgrade zu bieten: Wer umsorgt werden möchte wie im Hotel und dennoch seine Zeit in der Abgeschiedenheit der Natur verbringen will, kann sich eines der neu gebauten Chalets mieten. Die Häuschen sind sehr urig gestaltet, dabei aber modern und behaglich ausgestattet. Jedes Chalet verfügt über eine Sonnenterrasse, einen Hot Tub und eine Privatsauna. Wer ein bisschen Glück hat, kann beim Saunieren Wildtiere beobachten. Das hat allerdings seinen Preis. Inklusive aller Hotelleistungen kostet die Übernachtung im Chalet pro Person und Nacht zwischen 260 und 360 Euro. Zum Vergleich: Eine ganze Skiwoche im normalen Hotel kostet im Februar inklusive Verwöhnpension, Saunanutzung und Kinderbetreuung im Doppelzimmer inklusive aller Kinder bis zwölf Jahren für eine Familie 1610 Euro (inklusive Gratisskipass für unter Achtjährige).

Unseren Zwischenstopp legten wir in Reit im Winkl ein und übernachteten da im "Haus Lukas", das zum Apartmenthaus "Im Alten Forsthaus" gehört. Der Zimmerwirt war wahnsinnig nett, hat unseren Kindern viele Süßigkeiten geschenkt und bot auch sonst einiges, was Kinder erfreut: Trampolin, einen ganzen Fuhrpark an Kinderfahrzeugen, eine Tischtennisplatte, nur um ein paar Beispiele zu nennen. Wir haben alle zusammen 100 Euro für die Nacht bezahlt.

 

Essen

Wer nach Südtirol reist, sollte ein paar Tage das Kalorienzählen ausfallen lassen. Es gibt dort einfach zu leckere Spezialitäten als dass irgendein Sixpack der Welt es wert wäre, auf sie zu verzichten. Das beginnt schon morgens bei der Brotauswahl. Das Schüttelbrot ist die leckere kleine Schwester des Knäckebrots, das Vinschgerl befriedigt diejenigen, die es würzig mögen und das Früchtebrot die Liebhaber von Gegensätzen - schmeckt es doch mit würzigem Bergkäse am besten. Aber auch die Knödelvariationen (Speckknödel und Käseknödel mit Salbei unbedingt probieren) sind der Hammer, ebenso wie die Schlutzkrapfen hinterher, außerdem die Maronen, die Würste, der Speck, der Käse. Nicht zu vergessen: Apfelsaft. Sehr guten Saft und Speck und Kaminwurzen gibt es übrigens beispielsweise beim Obertimpflerhof bei Bauer Franz Innerhofer in Vöran (Nähe Hafling). Wer Wein mag, sollte den Vernatsch probieren. Kein Wein, der in der Liga eines Bordeaux mitspielen will, aber das will der fruchtige Milde auch gar nicht. Die Südtiroler sagen: Der Vernatsch macht einfach Spaß.

 

Kinder

Unsere Reise war für unsere Kinder ein Volltreffer. Für die 14-Jährige gab es Sauna und Wellness (mit extra Young-Spa-Programm), aber auch eine schöne Wanderung zur Kuhalm auf dem Rosskopf (wo es sehr leckeren Kaiserschmarrn gab - ihr Lieblingsgericht), für den Neunjährigen einen wunderschönen Pool, ein großzügiges Spielezimmer mit Playstation, Fußballkicker, Tischtennis, eine spannende Wanderung durch die Gilfenklamm, ein Kinovorführraum und für den Eineinhalbjährigen Esel, Hasen, einen Abenteuerspielplatz mit Dreiradrennstrecke und morgens so viel Melone wie er wollte.

 

Wintersport

Das Skigebiet Ratschings-Jaufen ist nicht besonders groß, aber sehr modern ausgestattet. Acht Liftanlagen bringen Skifahrer auf 25 Kilometer leichte bis mittelschwere Pisten. Es gibt aber auch ein paar Buckelpisten und steilere Hänge für geübte Skifahrer. Wer nichts vom Skifahren hält, hat auf der stets präparierten Rodelbahn seinen Spaß.

Im Haus Lukas in Reit im Winkl war es sehr gemütlich, die Sonne grüßte uns aber erst, als wir über den Brenner nach Italien eintauchten. Auf der Sonnenterrasse des Alphotel Tyrols konnten wir das schöne Herbstwetter dann genießen. Ein echter Pluspunkt für Kinder: der hoteleigene Hund. Sehr lecker: Die Schlutzkrapfen auf der Kuhalm am Rosskopf. Die Wanderung in die Gilfenklamm war für alle Familienmitglieder ein echtes Abenteuer. Wer als erster oben ankam? Der Neunjährige!

Hinweis: Die Fahrtkosten haben wir selbst übernommen, im Alphotel Tyrol übernachteten und aßen wir für drei Tage und Nächte auf Einladung des Hotels.